Fatalismus gegenüber der Vergangenheit

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Immer wieder begeistern mich die sehr pragmatischen Weisheiten des Stoizismus, die sich als Lebensphilosophie hervorragend in der heutigen Zeit anwenden lassen. Neben Fokus auf den eigenen Einflussbereich und negativer Visualisierung habe ich mir Fatalismus gegenüber der Vergangenheit gemerkt. Sie ist einfach zu verstehen, aber es erfordert etwas Übung, sie im Alltag umzusetzen.

Es lohnt nicht, sich über vergangene Geschehnisse zu ärgern.

Dinge die bereits geschehen sind, kann man nicht mehr verändern. Der Wunsch solche Ereignisse ungeschehen zu machen, ist daher sinnlos und führt nur zu Frust und Traurigkeit. In den Augen der Stoiker ist das unnötig. Der beste Umgang mit der Vergangenheit ist, sie zu akzeptieren. Ich kann bestätigen, dass man das üben kann und mit der Zeit besser darin wird. Akzeptanz ist eine innere Überzeugung, zu der man sich selbst überreden kann. Jeder Mensch ärgert sich manchmal über ein Ereignis, aber es hilft, sich in solchen Momenten an diese Grundregel zu erinnern.

Akzeptanz bedeutet dabei keinesfalls, dass man die Vergangenheit ignorieren, vergessen oder gar die gleiche Einstellung gegenüber der Zukunft anzuwenden sollte. Im Gegenteil. Auch die Stoiker empfehlen, aus Ereignissen zu lernen, und das Erlernte bestmöglich zum Wohle der Zukunft einzusetzen. In diesem Artikel wird der Unterschied gut beschrieben. Auch hier wird das Buch A Guide To The Good Life von William B. Irvine erwähnt, das ich als Überblick über den Stoizismus und seine Techniken empfehlen kann.

Bildquelle: Monoar Rahman Rony via Pixabay

The Obstacle is the Way

Der Titel dieses Buches von Ryan Holiday trifft für mich den Nagel auf den Kopf. Das Hindernis ist der Weg. Seit ich das Buch gelesen habe, ist der Titel zur Redewendung für mich geworden. Eine Erinnerung daran, dass Schwierigkeiten zum Leben dazu gehören und allein die Art des Umgangs mit ihnen zählt. So oft neigt man dazu, über Herausforderungen zu klagen oder unerwünschtes Verhalten von anderen Menschen ändern zu wollen. Man möchte, dass alles glatt läuft und so funktioniert, wie man es sich gewünscht hat.

Am Beispielen wie Thomas Eddison, Ghandi oder Steve Jobs zeigt das Buch, dass auch bei ihnen nicht alles reibungslos verlief. Im Gegenteil, alle erlitten Schicksalsschläge und standen zeitweise scheinbar vor den Scherbenhaufen ihrer Karriere. Der Schlüssel im Umgang mit solchen Situationen ist, sie nicht allein als Hindernis zu sehen, sondern als Gelegenheit daraus zu lernen und bestmöglich auf sie zu reagieren. Oftmals ist es sogar möglich, gestärkt aus solchen Krisen heraus zu gehen.

Failure puts you in corners you have to think your way out of. It is a source of breakthroughs.

Die stoischen Prinzipien, externe Ereignisse ohne Wertung zu betrachten und sich auf den eigenen Handlungsspielraum zu konzentrieren, sind ideal für den Umgang mit solchen Umständen. Wichtig ist vor allem, dass man handelt. Obama’s Berater Rahm Emanuel gab ihm wohl einst folgenden Rat.

“You never want a serious crisis to go to waste. Things that we had postponed for too long, that were long-term, are now immediate and must be dealt with. A crisis provides the opportunity for us to do things that you could not do before.”

Doch nicht nur das Handeln selbst, sondern auch die innere Einstellung spielt eine Rolle. Es lohnt nicht verärgert, enttäuscht oder gar verbittert zu sein. Im Gegenteil, sind es genau diese reflexhaften Gefühle, gegen die man angehen sollte.

We don’t get to choose what happens to us, but we can always choose how we feel about it. And why on earth would you choose to feel anything but good? We can choose to render a good account of ourselves. If the event must occur, Amor fati (a love of fate) is the response.

Anything but not Everything

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You can have anything you want, but you can’t have everything you want.

Diese Weisheit ist nicht leicht ins Deutsche zu übersetzen. Egal was Du willst, Du kannst es haben aber Du kannst nicht alles was Du willst haben. Alles ist möglich aber nicht alles zusammen. Der Satz erinnert daran, dass man seine Ziele und die damit verbundenen Handlungen sorgfältig auswählen sollte. Fast alle Ziele sind erreichbar, wenn man langsam und stetig darauf zuarbeitet aber das benötigt Zeit und die ist für jeden von uns nur begrenzt vorhanden.

Zeit ist eine nicht erneuerbare Ressource

Die meisten Ressourcen lassen sich erneuern, insbesondere Geld. Verluste können durch bessere Strategien oder Glück ausgeglichen werden. Viele Menschen haben mit zunehmendem Alter mehr und mehr Geld zur Verfügung. Zeit hingegen kennt nur eine Richtung. Investiert man seine Zeit in die falschen Tätigkeiten, ist sie unwiederbringlich verloren. Ebenso begrenzt ist das eigene Bewusstsein und die eigene Aufmerksamkeit. Tim Ferriss erwähnte beiläufig in seinem Podcast, dass er bei vielen erfolgreichen Menschen eine gewisse Nervosität feststellt. Sie haben unzählige attraktive Möglichkeiten, ihre Zeit zu investieren. Egal was was sie tun, sie sind sich bewusst andere attraktive Dinge zu verpassen. Um so wichtiger ist es, seinen Blick auf das Gute zu richten. Auf die vielen Möglichkeiten, aus denen man wählen kann. Und wenn man gewählt hat, sollte man sowohl den Weg dahin als auch das Ergebnis ausgiebig genießen.

Be grateful that, although you can’t have everything, some very nice anythings await your selection.
– Peter McWilliams (Life 101)

Bildquelle: <a href="https://pixabay.com/en/fair-year-market-folk-festival-1555075/„>Michael Gaida

Viel zu tun

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“Of all ridiculous things, the most ridiculous seems to me, to be busy — to be a man who is brisk about his food and his work.”
— Soren Kierkegaard via Brainpickings

Wer kennt es nicht, dass die Frage „Wie geht’s?“ mit den Worten „Viel zu tun!“ beantwortet wird. Nicht nur Arbeit erzeugt bei vielen Menschen ein Gefühl der Überforderung oder zumindest das latent schuldige Gefühl, dass noch Aufgaben unerledigt sind. Selbst von Rentnern oder Urlaubern hört man ab und an den Wunsch nach mehr Zeit, da so viel anstünde. Freizeitstress. Beschäftigt, „busy“ sein, mit seinen Gedanken in der Zukunft sein, den Tag verfliegen lassen, solche Verhalten gehört zu den Fallen des Lebens. In Senecas Buch The Shortness of Life wird sehr anschaulich darauf hingewiesen, wie das Leben eines Menschen in der Regel lang (genug) ist, nur viele Menschen die ihnen gegebene Zeit leichtfertig verschwenden.

It is not that we have a short time to live, but that we waste a lot of it. Life is long enough, and a sufficiently generous amount has been given to us for the highest achievements if it were all well invested. But when it is wasted in heedless luxury and spent on no good activity, we are forced at last by death’s final constraint to realize that it has passed away before we knew it was passing. So it is: we are not given a short life but we make it short, and we are not ill-supplied but wasteful of it… Life is long if you know how to use it.

Auch die Wahrnehmung von Zeit ist relativ und lässt sich bewusst verlangsamen oder beschleunigen. Wer kennt es nicht, dass Zeit verfliegt wenn man beschäftigt ist, jedoch quälend langsam verstreicht wenn man gespannt auf etwas wartet oder sich gar langweilt. Achtsamkeit oder Bewusstsein ist das Gegenmittel. Den Moment wahrnehmen, erkennen, genießen. Ein Rezept, um Zeit zu verlangsamen und mit etwas Übung und der passenden Einstellung ein hohes Maß an Glück zu empfinden. Es lohnt sich, meines Erachtens, bewusst und aus eigener Entscheidung heraus, nicht viel zu tun zu haben.

Bildquelle: mauro mora via Unsplash

Gelassenheitsgebet

2016-07-30 gelassenheitsgebet v01

So umstritten die Rolle von Religionen in unserer heutigen Zeit ist, so sehr sehe ich mit zunehmender Deutlichkeit, dass sich in ihnen im Laufe der Jahrhunderte viele Lebensweisheiten angesammelt haben. Allain de Button beschreibt das in seinem Buch Religion for Atheists anhand verschiedenster Weltreligionen und greift einige der Techniken in seiner School of Life auf. Eine gute Alltagsweisheit, die ich an anderer Stelle gehört habe, ist das Gelassenheitsgebet.

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Ich denke oft an diese Zeilen, weil sie so gut beschreiben, dass beide Einstellungen zum Leben dazugehören. Akzeptanz bei Dingen, auf die man keinen Einfluss hat, was unter anderem einhergeht mit den den Kernthesen des Stoizismus und des Buddhismus. Doch auch dort heißt es nicht, dass man in Passivität verfallen soll und alles hinnehmen muss. Natürlich kann und soll man Dinge ändern und zwar dort, wo es möglich ist. Dazu gehört Mut und auch ein Stück Weisheit, genau diese beiden Fälle voneinander so gut wie möglich zu unterscheiden.

Bildquelle: Dean Moriarty via Pixabay

Negative Visualisierung

Ähnlich wie im Buddhismus die Meditation, so gibt es im Stoizismus konkrete Techniken, um dem Ziel größtmöglicher Ruhe und Gelassenheit im Alltag möglichst nahe zu kommen. Die negative Visualisierung klingt auf den ersten Blick merkwürdig oder gar abschreckend, ist aber bei genauerer Betrachtung so einfach wie genial und tatsächlich nützlich. Man kann sie jederzeit ohne Mühe oder besondere Umstände anwenden und wird sofort glücklicher. Zudem kann sie einem dabei helfen, seine Prioritäten richtig zu setzen.

Man praktiziert negative Visualisierung, indem man sich für kurze Zeit den Verlust einer Person, eines Gegenstands oder eines Umstands vorstellt.

Was im ersten Moment nach einem echten Stimmungskiller klingt, wird dadurch ins Gegenteil verkehrt, dass man sich nach den wenigen Sekunden trauriger Vorstellung umgehend wieder an der Realität erfreuen kann. Die Technik hilft dabei solche Dinge wertzuschätzen, an die man sich gewöhnt hat. Bei Menschen ruft es in Erinnerung, dass unsere gemeinsame Zeit endlich ist und der Zeitpunkt des Endes nicht planbar ist. Tatsächlich habe ich immer wieder bemerkt, dass ich leicht andere Entscheidungen treffe, wenn ich mir über negative Visualisierung in Erinnerung gerufen habe, dass man vor Schicksalsschlägen nicht gefeit ist.

Die Technik wird im ersten Essay Twenty-First Century Stoic von William B. Irvine gut erklärt. Weitere Techniken beschreibt Irvine in seinem Buch A Guide to the Good Life: The Ancient Art of Stoic Joy.

Form bewusst sein

2016-07-18 form-bewusst-sein v01

Auch das zweite Buch von Frank Berzbach, dass ich gelesen habe ist etwas Besonderes. Was ich selbst schrittweise feststelle, formuliert er in klaren Worten. Es sind alltägliche Dinge, die den größten Stellenwert in unserem Leben einnehmen und ihre Form ist von größerer Bedeutung, als man denken möchte. Doch es schreckt ab, von Ordnung, Disziplin, Regeln und Ästhetik zu sprechen. Am ehesten versteht man es noch im Kontext von asiatischem Kampfsport, wo Strenge und Abläufe fest verankert und üblicherweise als sinnvoll und positiv wahrgenommen werden. Bei genauerer Betrachtung, finden sich vergleichbare Elemente in jeder Form von Sport oder auf Leistung orientierten Prozessen wieder. Mit zunehmenden Alter – und zunehmenden Wissen – erkennen viele Menschen automatisch den Nutzen dieser Tugenden. Berzbach nennt sie …

(…) heilsame Begrenzungen, die unseren Alltag befreien. Es geht um Ernährung, um Liebe und Medien, um Kleidung und das Verhältnis zu den Dingen.

Die von ihm gewählten Schwerpunkte sind von hoher Relevanz für jeden Menschen und werden doch so gerne als nebensächlich abgestempelt und vernachlässigt. Eines meiner Lieblingsthemen ist die Qualität und Schwerpunktsetzung beim Essen, dass bei genauer Betrachtung wortwörtlich das ist, aus dem wir zusammengesetzt sind. Es wird häufig auf Kosten anderer Dinge vernachlässigt, was er witzig auf den Punkt bringt.

In Deutschland fahren schlecht gekleidete Menschen nach übermäßigem Fernsehkonsum (Kochshows!) mit sehr teuren Autos zum nächsten Discounter; sie kaufen dort minderwertige Nahrungsmittel, um diese dann in den Mikrowellen überaus luxuriöser Designerküchen aufzuwärmen – gegessen wird mit teurem Besteck.

Ich habe dem Buch viele Anregungen entnommen, die ich im Alltag ausprobieren werde. Es ist im hervorragenden Verlag Hermann Schmidt erschienen und daher leider nicht elektronisch erhältlich. Wie üblich ist dafür die Formgebung des Buches in Bezug auf Material und Gestaltung herausragend.

Niemals Lügen

2016-07-17 niemals-lügen v01

Sam Harris legt in seinem kurzen eBook Lying auf verständliche Art und Weise dar, warum man unter keinen Umständen lügen sollte. Es war das erste eBook was ich mir vor fünf Jahren auf einem Kindle kaufte und es hat mich tatsächlich geprägt.

I came away convinced that lying, even about the smallest matters, needlessly damages personal relationships and public trust.

Harris bezieht sich explizit auch auf die typischen Grauzonen, in denen aus Verlegenheit, Höflichkeit oder als Notlüge augenscheinlich gut gemeint die Unwahrheit gesagt wird. Lügen definiert er als bewusst die Unwahrheit sagen, wenn aufrichtige Kommunikation erwartet wird, so dass der Empfänger Schlussfolgerungen ziehen soll, die nicht richtig sind. Jede Lüge hat das Potential, die Beziehung zu anderen Menschen empfindlich zu beschädigen und verringert die persönliche Integrität. Meist ist offensichtlich, dass wenn die Rollen vertauscht wären und die Wahrheit käme ans Licht, wir uns selbst hintergangen fühlen würden. Auch über sich selbst die Unwahrheit zu behaupten, kann Schaden verursachen, was man nicht zuletzt an öffentlichen Skandalen sieht. Schaden entsteht meistens nur dann, wenn man vorgibt etwas zu sein, dass nicht stimmt. Das gleiche Verhalten offen und ehrlich von anderen Menschen gelebt, kann in Ordnung sein.

In committing to be honest with everyone, we commit to avoiding a wide range of long-term problems, but at the cost of occasional, short-term discomfort.

Stets bei der Wahrheit zu bleiben eröffnet Möglichkeiten für sinnvolle Erkenntnisse und gute Gespräche. Solange man bereit ist die Wahrheit zu sagen, kann man schwer auf eine schiefe Bahn geraten ohne das andere Menschen darauf aufmerksam werden, Hilfe anbieten oder sinnvolle Konsequenzen ziehen. Man unterschätzt häufig welch gutes Gespür Menschen für Unwahrheiten in ihrem Umfeld haben und wie falsche Aussage erkannt werden und eine Beziehung oder die eigene Reputation schädigen. Mit jeder bewussten Unwahrheit, richten wir über das Maß an Realität was wir einer Person zugestehen. Auch gut gemeinte, motivierende Worte können, wenn sie unaufrichtig sind, Menschen in eine langfristig falsche Richtung leiten. Es lohnt sich schlicht und einfach, bei der Wahrheit zu bleiben.

I continue to find that a willingness to be honest – especially about truths that one might be expected to conceal – often leads to much more gratifying exchanges with other human beings.

Bildquelle: Sam Harris Lying Buchcover

Schenken ist kein Geschäft

2016-07-15 schenken-ist-kein-geschaeft v01

Vor einigen Jahren habe ich das Buch Edgy Conversation von Dan Waldschmidt gelesen, das voller scharf formulierter Tipps und Weisheiten für ein erfülltes und produktives Leben steckt. Ein einfacher Satz und seine Moral ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben.

Giving is not trading.

Etwas zu verschenken ist nur dann aufrichtig, wenn man nichts im Gegenzug erwartet. Sobald man eine Gegenleistung erwartet, sei es ein bestimmtes Verhalten wie Dankbarkeit, bezieht man den Empfänger ungefragt in ein Tauschgeschäft ein. Ich finde das bei genauer Betrachtung bestechend logisch habe es aber vor der Lektüre des Buches unterbewusst noch nie so gesehen. Es ist schließlich normal und üblich, von einer beschenkten Person Dankbarkeit zu erwarten. Je mehr man als Gegenleistung erwartet, desto weniger bleibt von der Natur des Schenkens übrig.

Frankly. It can’t be about you. If it were about you, it would be called „getting“. Which isn’t even close to the idea of giving.

Ein zweiter wichtiger Aspekt des Schenkens ist ebenfalls logisch aber nicht trivial. Schenken ist mit Kosten verbunden. Etwas zu verschenken, das keinen Wert für einen selbst hat, ist kein Geschenk. Entsorgen wäre ein passender Begriff. Dafür Dankbarkeit zu erwarten ist fast schon grotesk. Doch diesen Reflex beobachte ich bei mir selbst und vielen Menschen in meinem Umfeld. Es wäre aufrichtiger selbst dankbar dafür zu sein, dass man Ballast losgeworden ist.

Giving costs you something.
It’s not giving if there is no value to what is given. Just because I give you something doesn’t mean it’s a gift.

Je größer das Geschenk sein soll, dass man jemandem geben möchte, desto mehr sollte es einen selbst kosten. Schenken ist eine Geste von einem selbst zu einem anderen Menschen. Kosten müssen nicht zwangsläufig monetär sein. Es kann sich um einen Gegenstand handeln, der eine enorme Bedeutung für einen selbst hat. Für sehr beschäftigte Menschen kann es eine der größten Geschenke sein, Zeit und Aufmerksamkeit zu verschenken. Aber egal wie groß und bedeutend das Geschenk ist, man sollte sich immer an die selbstlose Natur des Schenkens erinnern.

Giving expects nothing in return.

Bildquelle: Annie Spratt via Unsplash

Go First

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Im Tim Ferriss Podcast empfiehlt Gabby Reece an einer Stelle die generelle Grundeinstellung „Go First!„. Du erkennst jemanden auf der Straße: sage „Hallo“ zuerst. Du hast Augenkontakt mit einem Fremden: lächle zuerst. Du siehst etwas, das nicht richtig ist: sprich es aus. Du siehst jemand, der traurig ist: sage ein paar tröstende Worte.

Go First – Mache den ersten Schritt!

Meine Mutter ist darin unglaublich gut. Ich erinnere mich an eine Situation bei einem Arzt. Wir saßen in einem vollen Wartezimmer und schräg gegenüber eine Frau, der Tränen über das Gesicht liefen, die sie sich regelmäßig wegwischte. Ich sah es, auch andere erkannten die Situation, und ich fühlte eine unangenehme Spannung. Ich glaube, vielen geht es gleich. Man möchte zwar etwas tun, aber man redet sich ein, man könne ja eh nichts ausrichten. In der Sekunde, in der meine Mutter realisiert, dass die Frau weint, sucht sie zügig ein Taschentuch aus Ihrer Tasche, geht zu der Frau, gibt ihr mit einem freundlichen, mitfühlenden Lächeln das Taschentuch in die Hand, setzt sich kurz neben sie und legt den Arm leicht um sie. Die Frau fängt an zu lächeln und ist sichtlich berührt.

Es hat mich in dem Moment wie eine Keule getroffen. Natürlich kann man etwas machen! Man kann vielleicht den Grund des Schmerzes nicht beseitigen, aber man kann trösten, vorsichtig Anteil nehmen, zeigen dass es einem nicht egal ist. Wir sind alle Menschen und es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man Teil einer anonymen, passiven Masse ist oder etwas tut. Ein Versuch reicht schon aus. Go First! Die Worte helfen mir, mich daran zu erinnern. Seitdem lächle ich leicht, wenn ich Menschen auf der Straße in die Augen blicke – tatsächlich lächeln viele, wenn nicht gar die meisten, zurück. Wenn ich auf der Straße Personen erkenne, z.B. weil ich sie auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig treffe, beginne ich zu grüßen, lächle und nicke ihnen freundlich zu. Nach kurzer Zeit, fängt man an, sich regelmäßig zu grüßen. Ich probiere den ersten Schritt zu machen. Es sind kleine aber herzliche Gesten. Es macht einen Unterschied und es macht tatsächlich Freude.

Bildquelle: Nancy Byer via Magdeleine